SCHMIDT KUNSTAUKTIONEN DRESDEN AUKTION 32     09.06.2012

005   Carl Gustav Carus, Pillnitzer Landschaft mit Ruine. Um 1835.

Öl auf dünner Malpappe. Unsigniert. Verso undeutlich von unbekannter Hand bezeichnet. In einer ebonisierten Profilleiste gerahmt.
Malschicht im Bereich des Himmels kaum sichtbar kratzspurig, Mi. und Mi.li. je eine unscheinbare Verschmutzungslinie. Vereinzelt minimal frühschwundrissig. Im rechten Randbereich mit minimaler Firnisverfärbung.
Malträger in den Ecken sowie an den Rändern mit jeweils einem kleinen Fixierlöchlein versehen. Malträger leicht wellig, die Kanten ungerade geschnitten. Verso mit Resten einer älteren Montierung.
Wohl WVZ Prause 287 (dort betitelt als "Ruine in Pillnitz über den Weinbergen").

Eine ausführliche Expertise von Prof. Dr. H. J. Neidhardt, Dresden, vom 20. April 2012 liegt vor.

Provenienz: Sächsischer Privatbesitz, Patentochter der Margarete Schwerdtner; vormals im Besitz der Margarete Schwerdtner, Pflegetochter der Caroline Cäcilie Carus.

Als königlicher Leibarzt sah sich Carus verpflichtet, stets in unmittelbarer Nähe der sächsischen Königsfamilie zu residieren, weshalb ihn mehrere Sommeraufenthalte nach Pillnitz bei Dresden führten, wo er ab 1832 ein Landhaus besaß. Unweit von diesem an den Pillnitzer Schloßpark grenzenden stimmungsvollen Anwesen erhebt sich gen Nordosten der in die Elbhänge eingebettete Borsberg mit dem etwas kleineren davorliegenden Schloßberg, welcher seit 1785 eine künstliche Ruine in der Ausführung von Johann Daniel Schade trägt. Dieses streng nach den Ausführungen des Gartentheoretikers Christian Cay Lorenz Hirschfeld angelegte künstlich gealterte Bauwerk gehört zu einem im Auftrag des Kurfürsten Friedrich August III. errichteten Gebäudekomplex, der sich weitläufig über den Friedrichsgrund erstreckt und als häufig aufgesuchtes Ziel großer Beliebtheit bei der sächsischen Königsfamilie erfreute.
Um die in dieser Ölstudie festgehaltene Sicht auf die Ruine und die sich weit im Hintergrund erstreckenden Felsen der Sächsischen Schweiz erlangen zu können, mußte sich Carus an dem Hang des vis-à-vis gelegenen Hausbergs positionieren. Ganz der malerischen Auffassung der Dresdner Romantik verhaftet, widmet sich Carus in dieser stimmungsvollen Szene mit akribischer Sorgfalt der Darstellung atmosphärischer Dichte und "der farbigen Erscheinung des bewölkten Himmels […], die ihn lebenslang besonders interessiert hat." (aus: Expertise Prof. Neidhardt).

Literatur:
Prause, Marianne: Carl Gustav Carus, Leben und Werk. Berlin 1968, S. 148/149. Nr. 287.
Gosch, Andreas: Die Künstliche Ruine oberhalb des Friedrichsgrunds in Pillnitz von Johann Daniel Schade, In: Kunstgeschichten Dresden Blog (http://blog.k-dd.de/2009/10/die-kunstliche-ruine-oberhalb-des-friedrichsgrunds-in-pillnitz-von-johann-daniel-schade/)

weiterführend:
Von Sydow, Eckart: Carl Gustav Carus und das Naturbewußtsein der romantischen deutschen Malerei, In: Monatshefte für Kunstwissenschaft, Leipzig 1922, 15. Jg., S. 30-38.
Carl Gustav Carus – Wahrnehmung und Konstruktion. Akten zum interdisziplinären Kolloquium 21. bis 23. Mai 2008 im Residenzschloß, Staatliche Kunstsammlungen Dresden. Dresden 2009.

13,7 x 19,5 cm, Ra. 18,2 x 23,7 cm.

Schätzpreis
24.000 €
Zuschlag
24.000 €