001 Werke einer Dresdner Privatsammlung
Es ist ein großes Glück, dass die nachfolgende Sammlung, überwiegend in den 1960er bis 1980er Jahren zusammengetragen, in ihrer Umfänglichkeit in widrigen Zeiten entstehen und bestehen konnte, denn privates Sammeln war in der DDR mindestens schwierig, bisweilen sogar riskant. Der Erwerb von Kunst entsprach nicht der Ideologie des DDR-Regimes, das Kunst weniger als Ware denn vielmehr als Waffe im Klassenkampf sah. Eine Vermögensbildung war im Arbeiter- und Bauernstaat verpönt.
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Nach Kriegsende entwickelte sich zunächst ein florierender privater Kunsthandel. Zahlreiche Kunsthändler, die durch den Bombenangriff auf Dresden ihre innerstädtischen Geschäfte verloren hatten, eröffneten neue Räumlichkeiten in den umliegenden Stadtvierteln. Doch bereits in den späten 1950er Jahren erfuhr der private Kunsthandel Einschränkungen durch das staatliche Regime. Zur Devisenbeschaffung organisierte der Staatliche Kunsthandel Termine für die ansässigen Händler mit ausländischen Käufern, ein kontinuierlicher, staatlich gelenkter Ausverkauf begann. Ab Ende der 1960er Jahre wurde die Überwachung des Kunsthandels verschärft, indem den Behörden zu Ankäufen und Kommissionsübernahmen umgehend Meldung zu machen war. Diese Entwicklung intensivierte sich in den frühen 1970er Jahren. In der Folge stiegen die Preise und es wurde schwieriger, qualitätsvolle Ware zu erwerben.
Mit den Beschlüssen des Politbüros des Zentralkomitees der DDR vom 08. Februar 1972, alle in privater Hand befindlichen Unternehmen zu verstaatlichen, wurden bis auf wenige Ausnahmen Kunsthandlungen und Antiquariate aufgelöst. Die wenigen noch geduldeten Geschäfte konnten nur unter massiven Einschränkungen weiterarbeiten.
Andererseits liefen die privaten Sammler Gefahr, durch nachträgliche Vermögensbesteuerung, der zunächst überteuerte Taxierungen durch behördliche Schätzer vorausgingen, gepfändet zu werden. Sammeln bedeutete in DDR-Zeiten vornehmlich der absolute Rückzug in das Private. Sammeln als persönliche Angelegenheit konnte man nur für sich selbst, eine Präsentation nach außen war nicht möglich.
Dass es private Sammler gab, die staatliche Restriktionen aber (glücklicherweise) unterliefen und trotz so immenser behördlicher "Gegenwehr" beeindruckende Kollektionen zusammentragen konnten, zeigen viele Beispiele und auch die vorliegende Sammlung.
Ein Hauptaugenmerk des Dresdners lag auf der Kunst der Dresdner Romantik, angeführt von dem musealen Gemälde Ernst Ferdinand Oehmes "Aussicht auf das Dittersbacher Thal bei Dresden", welches aus der hochbedeutenden Sammlung von Johann Gottlob von Quandt stammt und damit eine eindrückliche Brücke in die Sammlungsgeschichte der Mitte des 19. Jahrhunderts schlägt.
Mit Werken von Gotthardt Kuehl und Robert Sterl sind zudem maßgebliche Vertreter des deutschen Impressionismus in der Sammlung vereint.
Aber auch die Gegenwartskunst nimmt einen großen Raum ein und zeugt von dem besonderen Engagement des Sammlers. Der Erwerb von zeitgenössischer Kunst bedeutete in der DDR ein Sich-Entgegenstellen gegen öffentliche Diffamierung von Künstlern und der Manipulation von Kunst als ideologisches Instrument. Er bedeutete zugleich "die Erkenntnis, daß künstlerischer Rang ein eigener Wert ist, der vom Geist der Freiheit zeugt" und so hat "das private Kunstsammeln mit dazu beigetragen, daß eine Atmosphäre entstand, die in einer lebendigen Schicht unterhalb der offiziellen Ideologie das geistige Leben im Lande fruchtbar bewegte und schließlich dazu führte, daß dieses Leben 1989 öffentlich wurde." (zitiert nach Werner Schmidt, S. 86 und S. 87).
Lit.:
Claudia Maria Müller: Privater Kunsthandel in der DDR – Die Dresdner Kunsthandlung Alphons Müller. In: Mathias Deinert, Uwe Hartmann, Gilbert Lupfer (Hrsg.): Enteignet, entzogen, verkauft: zur Aufarbeitung der Kulturgutverluste in SBZ und DDR. Berlin; Boston 2022. S. 137–147.
Werner Schmidt: Dresdner Privatsammlungen in der DDR. In: Dresdner Hefte. Beiträge zur Kultugeschichte. Sammler und Mäzene in Dresden. 15. Jahrgang, Heft 49, 1/97. S. 83–87.
"Sammler sind glückliche Menschen" (Johann Wolfgang von Goethe zugeschrieben, mit über 40.000 Objekten einem der bedeutendsten Privatsammler seiner Zeit).
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