SCHMIDT KUNSTAUKTIONEN DRESDEN AUKTION 63     28.03.2020

1081   Museales Tafeltuch anlässlich eines Banketts der Krönung Friedrich August I. von Sachsen, genannt August der Starke, zum König von Polen-Litauen 1697. Wohl Großschönau, Oberlausitz. 1697.

Weißer Leinendamast, Atlasbindung. Rechteckiges Gewebe mit großem Bildfeld, darin drei unterschiedliche Musterreihen, welche sich zweifach wiederholen. Diese mit vertikal angeordneten Bildfeldern sowie Bildinschriften in spiegelbildlicher Musterverdopplung. Die Bildreihen mit der Darstellung des Schlosses von Krakau, oberhalb bezeichnet "CRA CAU", unterhalb ein Feldlager mit Kanonen sowie Soldaten mit Lanzen. Des Weiteren mit dem königlich-polnischen Wappen, unterhalb mit der Darstellung eines Reiters mit Federbusch im Rapport, bezeichnet "KÖNIG IN POHLEN". Die äußeren Bildmotive unvollständig. Schmales Randdekor mit zarten, volutenförmigen Blütenranken, die Kanten mit Schachbrettmuster. In der oberen rechten Ecke mit den Resten eines gestickten Besitzermonogramms "H[...]" in Braun.

Vergleichbare Tafeltücher anlässlich der Krönung Friedrich August I. von Sachsen zum König von Polen-Litauen 1697 in:

Raetzer, Maren: Damast aus Großschönau – Die Produktionsstätte und die dort gewebten Kunstwerke vom 17. bis zum 19. Jahrhundert. Band II: Katalog und Abbildungen. Hamburg, 2003. Abb. 64 mit Katalogtext. Das dort abgebildete Tuch befindet sich im Museum für Europäische Kulturen Berlin, Inv.-Nr. 17 e 34.

Prinet, Marguerite: Le damas de lin histoiré du XVIe au XIXe siècle. Berne, 1982. S. 97.
Das dort abgebildete Tuch befindet sich im Deutschen Textilmuseum Krefeld, Inv.-Nr. 11050.

Eine schriftliche Authentizitätbestätigung des Direktors Wolfgang Henning des Deutschen Damast- und Frottiermuseums Großschönau vom 17.09.1997 liegt vor.

Im Jahr 1697 fand die glanzvolle Krönung Friedrich August I. von Sachsen zum König von Polen-Litauen in Krakau statt. In dem zur Auktion kommenden Tafeltuch wird dieses Sujet in einer zeitgenössischen Darstellung eindrucksvoll verdeutlicht.
Ein thematisch übereinstimmender Damast ist im Museum für Europäische Kulturen in Berlin vertreten. Die Datierung wird auf den Zeitraum um 1697 bis spätestens Beginn des 17. Jh. festgesetzt (Ratzer 2003, S. 200). Dies trifft ebenso auf ein im Textilmuseum Krefeld befindliches Damasttuch zu. Alle drei Textilien weisen beinahe identische Mustersequenzen mit minimalen Abweichungen auf und stehen in der Tradition des niederländischen Stils, welcher Ende des 17. Jahrhunderts besonders gefragt war. Merkmale der holländischen Damasttischwäscheproduktion dieser Zeit waren eine monochrome Farbgebung in weiß, abstrahierte Muster, eine geometrische Komposition und das Erreichen von Räumlichkeit durch Überschneiden der Muster sowie deren versetzter Anordnung. Zu weiteren typischen Elementen gehörten die spiegelbildliche Musterverdopplung oder die Randgestaltung mittels eines Schachbrettmusters. Die Niederlande waren bereits im 16. Jahrhundert ein Zentrum der Leinendamastweberei, weshalb Fertigkeiten und Mustervorlagen auch nach Sachsen importiert und u.a. in Großschönau ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts Anwendung fanden. Es ist wahrscheinlich, dass die Tücher in Großschönau hergestellt wurden, da es regional nur sehr wenige Damastwebereien von vergleichbar hoher Qualität gab und am sächsischen Hof bereits Ende des 17. Jh. Tischwäsche aus der unmittelbaren Umgebung (wohl Großschönau) in der Silberkammer nachweisbar war (Raetzer 2003, S. 244f.).

Provenienz: 1953 Geschenk von Irene Papesch, Dresden, Freundin der 1949 verstorbenen Großmutter sowie der Mutter des EL; aus dem Besitz der Großmutter Fräulein Papeschs, ihre Brüder und Vettern besaßen Textilfabriken in Schlesien in der ersten Hälfte des 19. Jh.
Irene Papesch war Mitarbeiterin des Romanisten und Politologen Viktor Klemperers (1881 Gorzów Wielkopolski, Landsberg an der Warthe – 1960 Dresden).

Mittig vertikal verlaufende, etwas gedunkelte Verfärbung (B. 13 cm). Im o. Drittel ein Löchlein, vereinzelt dünne Stellen. Vereinzelt Ausbesserungen. Insgesamt mit leichten Stockfleckcken.

240 x 180 cm.

Schätzpreis
3.000 €