003 Frederik de Moucheron, Landschaft mit Burg Bentheim. Wichtiges Gemälde aus dem Besitz der Maria Adelphine Prinzessin zu Bentheim. 3. Viertel 17. Jh.
Frederik de Moucheron 1633 Emden – 1686 Amsterdam
Maria Adelphine Josephine Gertrude Prinzessin zu Bentheim und Steinfurt 1866 Hannover – 1942 Dresden
Jacob Isaakszon van Ruisdael um 1628 Haarlem – um 1682 ebenda
Nicolaes Claesz Pietersz. Berchem (Berghem) um 1620 Haarlem – 1683 Amsterdam
Öl auf Leinwand. Signiert "FMoucheron" u.li. In einem goldfarbenen Rahmen des 19. Jh. mit Kymata und Perlstab-Ornamentik, die Hohlkehle mit Applikationen. Auf der re. Außenseite des Rahmens in rotem Pinselaltbezeichnet "6 M.".
Provenienz: Sächsischer Privatbesitz; Walter Porth, 1987 (Neffe der Prinzessin zu Bentheim); Maria Adelphine Prinzessin zu Bentheim, verstorben 1942.
Beigefügt das Original-Testament von Frau Maria Adelphine Josephine Gertrude Prinzessin zu Bentheim und
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Steinfurt, geb. Porth (Witwe des Prinzen Georg zu Bentheim) vom 15. Oktober 1941.
Vgl. motivisch: Nicolaes Berchem "Landschaft mit Schloss Bentheim", 1656, Öl auf Leinwand, 138 x 103 cm, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 1481.
Vgl. Zeichnungen Moucherons vom Schloss Bentheim und der Umgebung in: Atlas Blaeu-Van der Hem, Bd. 28–29, hier insbesondere fol. 134–135, 136–137 und Nr. 17.
Geographiae Blavianae volumen, Laurens van der Hem, Joan Blaeu, Amsterdam 1662–1678, Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Signatur: 389030–F.
Lit.: Nils Büttner, Gerd Unverfehrt, Jacob van Ruisdael: Jacob van Ruisdael in Bentheim: ein niederländischer Maler und die Burg Bentheim im 17. Jahrhundert. Bielefeld 1993.
darin: Katalog Burg Bentheim in Ansichten des 16. bis 18. Jahrhunderts.
Quentin Buvelot: Koninklijk Kabinet van Schilderijen Mauritshuis Mauritshuis in focus . – 22 (2009), H. 1. 2009.
Quentin Buvelot: Jacob v. Ruisdael schildert Bentheim. Zwolle 2009.
Yvonne Bleyerveld, Quintin Pellegrom, Nelleke de Vries
Enschede Rijksmuseum Twenthe: Onderweg naar Bentheim: tekenreizen door Twente in de zeventiende en achtiende eeuw. Zwolle 2023.
ONDERWEG NAAR DRESDEN
FREDERIC DE MOUCHERON
Bereits innerhalb Moucherons eigenem Werk ist die vorliegende Ansicht herausstehend und von großer kunsthistorischer Bedeutung. Unter etwa 200 bekannten Gemälden Moucherons -italienisierenden und heroischen Landschaftskompositionen- finden sich keine konkret verortbaren Ansichten.
Im Kontrast zu einem sehr großen malerischen Werk hinterlässt Moucheron kaum biographische Quellen.
Sechs in dem "Atlas van der Hem" erhaltene Zeichnungen bilden die einzig umfassendere Quelle zu seinem Schaffen – sie zeigen eben Motive der Grafschaft Bentheim.
So ist das Gemälde nicht nur nach der Darstellung einer konkreten Architektur höchst selten, sondern wohl das einzige Werk, zu dessen Entstehung eine tatsächliche eigene Reise Moucherons dokumentiert ist.
RUISDAEL SCHILDERT BENTHEIM
Die Burg Bentheim ist ein zentrales Architektur-Motiv der barocken europäischen Malerei.
Jacob Isaakszon van Ruisdael und Nicolaes Berchem, neben Nicolas Poussin die beiden wichtigsten Protagonisten der Entwicklung der europäischen Landschaftsmalerei, bereisten die Grafschaft Bentheim zweifach, in den 1650er sowie 1660er Jahren.
Die Burg Bentheim wurde zentraler Bildgegenstand der aus diesen Reisen inspirierten Werke – allein 30 Gemälde widmete Ruisdael diesem bevorzugten Motiv. Schließlich wird Bentheim Pate stehen für das Ruisdael'sche Element der in der Ferne entrückten Burg, das sich der Mitte des Jahrhunderts in den Kompositionen seiner Ideallandschaften findet.
Sehr vergleichbar zu Moucheron ist das malerische Werk Nicolaes Berchems, in ähnlichem Umfange überliefert, ganz den idealisierten, italianisierenden Landschaften mit Ruinenstaffage verschrieben. Kaum eine einzige identifizierbare Darstellung findet sich darunter. Nur ein Motiv sticht auch hier heraus – die Burg Bentheim. Das Gemälde befindet sich -welch kuriose geschichtliche Koinzidenz- in den Gemäldesammlungen Dresden. Eine für Johann Christian Klengel belegte Kopie Berchems Bentheim-Ansicht unterstreicht die Strahlkraft dieses Motivs.
Entsprechend einem nahezu identischen Bildaufbau, der Einordnung eines Hohlweges und Figurenstaffage in den linken Bildvordergrund und schließlich einer identischer Blickachse auf das Schloss scheinen die beiden Künstler des anderen Werk gekannt zu haben?
Nun sind aber, entgegen der in der Zeit durchaus üblichen gegenseitigen Werkrezeption, für beide Künstler die eigenen Reisen nach Bentheim belegt.
Gibt es die biografische Schnittstelle Moucherons und Berchems – einen künstlerischen Austausch?
Weder die vielzähligen Monographien zu Bentheim noch die umfassenden Datenbestände des niederländischen Kunsthistorischen Instituts in Den Haag bieten, abseits der sechs Zeichnungen Moucherons, detailliertere Quellen zu Moucherons Schaffen.
Das bisher unpublizierte und der jüngeren Forschung zu Bentheim unbekannte Gemälde bildet ein wichtiges Schlüsselstück für die Kontextualisierung von Ruisdaels Einfluss in der Entwicklung der europäischen Landschaftsmalerei und gleichzeitig einen wichtigen biografischen Beleg zu Frederic Moucherons Oeuvre.
Die direkte Provenienz aus dem Besitz der Maria Adelphine Prinzessin zu Bentheim und das erhaltene Testament steigern diese Unmittelbarkeit.
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Doublierung des 19. Jh. Kleinflächige Deformation u.re. Malschicht mit gleichmäßigem Krakelee, die Höhen partiell leicht berieben. Wenige kleine Altretuschen. Signatur wohl von späterer Hand leicht nachgezogen. Rahmen überfasst und mit wenigen Fehlstellen.
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90 x 74 cm, Ra. 110 x 94 cm.