177 Peter Graf "Überfahrt zum Schreckenstein". 2004.
Peter Graf 1937 in Crimmitschau – lebt in Radebeul
Oil on plywood. Signiert und datiert "Graf 04" im Bereich des Boots u.re. Auf einer grau gefassten Platte montiert und in einer blaugrau gefassten Leiste mit Schattenfuge gerahmt.
Provenienz: Sächsische Privatsammlung; erworben im Atelier des Künstlers.
Vgl. das motivähnliche Gemälde "Überfahrt zum Schreckenstein", 2004, abgebildet in: Rolf Günther: Peter Graf. "Guten Abend, Indigo". Freital 2012. S. 11.
1837 schuf Ludwig Richter mit der "Überfahrt am Schreckenstein"
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eines seiner Hauptwerke, in welchem sich, angeregt durch eine Wanderung durch Böhmen zwei Jahre zuvor, "die Stille der Abendstimmung und die Bewegung des ruhig dahinströmenden Flusses vereinen […] zu einem großen Geschichtsbild", in denen sich Reisende, Vertreter der verschiedenen Lebensalter, einem "alten Fährmann zur Überfahrt anvertrauen" (zitiert nach Holger Birkholz, 2021).
Peter Graf war selbst nie auf dem Schreckenstein bei Ústí nad Labem, erfuhr die umliegende Landschaft nur aus weiter Ferne. Das malerische Werk Richters hatte ihn bis zum Entstehungszeitpunkt des vorliegenden Gemäldes nicht maßgeblich beschäftigt. Aber mit der großen, 2004 initiierten Ausstellung und Würdigung "Ludwig Richter, der Maler. Ausstellung zum 200. Geburtstag" in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, änderte sich Grafs Blick auf Richters Schaffen. Er adaptierte und variierte das Schreckenstein-Thema, wie er es auch schon mit Werken anderer großer Künstler-Kollegen wie Parmigianino oder Caspar David Friedrich tat.
Den Archetypus des Lebensschiffes hatte Peter Graf zu diesem Zeitpunkt bereits mehrfach zum Bildthema gemacht, so in dem 1985 entstandenen Gemälde "mit Bruno im Boot", in welchem er auch den seit über 50 Jahren zu seinen Lieblingsgemälden zählenden "Der wundersame Fischzug" von Konrad Witz, 1444, zitiert.
Während Graf in früheren und nachfolgenden Versionen seine Boote vielfigurig besetzt, u.a. "Leichtes Training für die Sintflut", 2005, reduziert er in vorliegendem Werk die Akteure auf zwei Personen – einen weiß gekleideten Pierrot, nach Georges Rouault Metapher für den Menschen, der in der Last des Schicksals gefangen ist. Er hält einen großen Fisch, dessen Maul von dem ihm gegenübersitzenden weiblichen Akt, das Gesicht durch schwarzen Hut und Schleier verborgen, inspiziert wird.
Steht der Fisch hier symbolisch für eine verborgene Wahrheit, die ans Licht geholt werden muss? Schaut ihm deshalb die Dame suchend in das Maul? Formieren sich die weiblichen Gedanken zu einer bedrohlichen Rauchschwade und erreichen die Bootsinsassen, zunächst den ruhigen, abendlichen Fluss befahrend, nun unberechenbare (Lebens-)Strudel, in denen schon kleine Dämonen schwimmen?
Wir danken dem Künstler Peter Graf, Radebeul, für freundliche Hinweise.
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Zwei winzige Malschicht-Abplatzungen am u. Bildrand.
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114 x 78,5 cm, Ra. 123 x 87,5 cm.