703 Werner Tübke "Selbstbildnis". 1971.
Werner Tübke 1929 Schönebeck – 2004 Leipzig
Kohlestiftzeichnung, laviert, auf festem, strukturiertem Papier. Unsigniert. U.Mi. datiert. Verso in Blei bezeichnet
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sowie mit einem kleinen Papieretikett versehen, dort in Kugelschreiber nummeriert "234". An den o. Ecken mit doppelseitigem Klebeband freigestellt im Passepartout montiert und hinter Glas in einer Berliner Leiste gerahmt.
WVZ Tübke Z 17/71.
Ausgestellt in: Graphisches Kabinett der Galerie Pels-Leusden "Werner Tübke. Zeichnungen 1953–1981" vom 19. Februar 1981 bis 4. April 1981. KatNr. 74 mit Abb.
Werner Tübke ist zeitlebens vor einer Theoretisierung seiner künstlerischen Position zurückgescheut. Dennoch geben einige wenige wiederkehrende Aussagen Hinweise auf sein Zeichnen, so auch die Ausschreibung einer Zeichenklasse im Rahmen der Salzburger Sommerakademie von 1984. Zum einen klingt dabei die akademische, programmatische Seite an. Der Künstler erwarte Kenntnis des "zeichnerischen Vokabulars von Manierismus und Renaissance". Zugleich spricht sich Tübke jedoch gegen eine rein abbildende Kunst aus. So betont er die Wichtigkeit der "Formung von etwas", räumt aber auch "Instabilität und Wandel der Form, dicht am Prozessualen" ein. Die "höchste Lust am Abzeichnen" wird kombiniert mit "Drehungen, Wendungen, mit Weggleiten in potentiell autonome zeichnerische Strukturen".
Dieses komplizierte Verhältnis von Darstellung und Dargestelltem spiegelt sich auch in der Bildnismalerei Tübkes. Seine Porträts sind charakterisiert von unbedingter Modelltreue, die die Achtung vor dem Individuum bezeugt, dennoch kann die psychologische Charakterisierung in Selbstporträts oder Bildnissen ihm nahestehender Personen bis zur Deformierung vorangetrieben sein. Die Kohlestiftzeichnung aus dem Jahr 1971 zeigt den Künstler im Brustbild, mit leicht schräg gestelltem Kopf. Die leichte Untersicht verstärkt den Blick "von oben herab". Vergleichbar ist das "Selbstbildnis mit Palette" aus dem selben Jahr. Dieses malte Tübke anlässlich der Geburt seines zweiten Sohnes als Geschenk für seine Frau in nur zwei Tagen alla prima in Öl. Zentrales Thema ist der Stolz des Vaters. Der Blick "von oben herab" darf dabei nicht falsch gedeutet werden, schaut der Künstler doch nicht distanziert auf den Betrachter, sondern scharf in den schräggestellten, unsichtbaren Spiegel.
Lit.: Betthausen, Peter (Hrsg.): Werner Tübke. Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Lithografien. Ausstellungskatalog. Berlin 1989. S. 60f.
Meißner, Günter: Werner Tübke. Leben und Werk. Leipzig 1989. S. 216.
Ministerium für Kultur der DDR u.a. (Hrsg.): Werner Tübke. Gemälde, Aquarelle, Druckgrafik, Zeichnungen. Ausstellungskatalog. Dresden, Leipzig, Berlin 1976. S. 36.
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Technikbedingt leicht wischspurig, insgesamt unscheinbar wellig, an den o. Ecken montierungsbedingt etwas deutlicher. Am u. Blattrand drei leichte Griffknicke. Am o. Blattrand partiell leichter Abrieb sowie innerhalb der Darstellung eine kleine Papierläsion o.Mi. im Bereich oberhalb des Kopfes re.
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41 x 38,8 cm, Ra. 75,5 x 59 cm.